Vorgehensweise bei der Unternehmenssanierung

 

 

Welche Anforderungen sind aus rechtlicher Sicht an ein Sanierungskonzept zu stellen?

Sanierungskonzepten kann in unterschiedlichen rechtlichen Zusammenhängen eine weitreichende Bedeutung zukommen.

Liegt z.B. eine bilanzielle Überschuldung vor und beinhalten die aktivierten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens keine ausreichenden stillen Reserven, kann die Überschuldung und eine darauf beruhende Insolvenzantragspflicht nur dadurch beseitigt werden, dass eine positive Fortführungsprognose lege artis gestellt wird. Auch im Recht der Insolvenzanfechtung verteidigen sich die wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) in Anspruch genommenen häufig mit Hinweis auf ein Sanierungskonzept, welches im Zeitpunkt der angefochtenen Handlung die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung beseitigen soll. Nach Auffassung des LG Frankfurt (7.05.2015, 2-32 O 102/13) sind an ein solches Konzept allerdings qualifizierte Anforderungen zu stellen. Es muss schlüssig und von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehend sein, das beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt und mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist, sodass der Schuldner die sichere Erwartung haben durfte, dass die Restrukturierung in Bälde erfolgreich abgeschlossen sein wird.

Unsere Beratung orientiert sich an den Standards IDW S 6 und 11 und verfolgt einen umfassenden Planungsansatz. Isolierte personal- oder finanzwirtschaftliche Maßnahmen ( wie z.B. Personal- oder Schuldenschnitt, Tilgungsaussetzungen, etc. ), ohne Einbindung in ein Sanierungskonzept, die zwar kurzfristig eine Linderung versprechen mögen, führen nach unseren Erfahrungen dauerhaft nicht zum Erfolg, da die eigentlichen Krisenursachen weder identifiziert, noch beseitigt werden. Ein solch unstrukturiertes Vorgehen bei der Sanierung ist in aller Regel nicht nur wenig aussichtsreich, nicht selten werden auf einem solchen Weg für die eigentliche Sanierung dringend benötigte Ressourcen wie Zeit, Geld und insbesondere Vertrauen wichtiger Stakeholder ( Belegschaft, Banken, Lieferanten ) unwiederbringlich verbraucht.

Entsprechend dem IDW S 6 erarbeiten wir gemeinsam mit dem Management die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen für die Sanierung und folgen dabei folgendem Prozess:


1.    Bestandsaufnahme: Beschreibung der aktuellen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens
2.    Analyse der Krisenursachen
3.    Entwicklung von Sanierungsansätzen und eines daraus abgeleiteten Maßnahmenkatalogs
4.    Integrierte Sanierungsplanung bestehend aus
4.1    Integrierte Unternehmensplanung
4.2    Sanierungsplanung mit Maßnahmen
4.3    Liquidationsrechnung
4.4    Insolvenzplanszenario

4.1 Integrierte Unternehmensplanung

1. Schritt: Festlegung der Planungsprämissen unter Berücksichtigung der Marktentwicklung

2. Schritt: Planung der Umsätze nach Kunden bzw. Kundengruppen und Produkten
Die Absatz-/Umsatzplanung erfolgt unter Einbindung des Vertriebs detailliert auf Ebene der Produkte und Kunden. Soweit Rahmenverträge bestehen, werden diese analysiert und eine entsprechende Planung erstellt.

3. Schritt: Kosten- und Investitionsplanung, die aus den für den Absatz ( 2. Schritt ) benötigten Kapazitäten zunächst Teilpläne ( insbesondere Material, Personal, Investitionen ) abbildet, die sodann konsolidiert werden
Der Materialeinsatz wird aus den Stücklisten und der Absatzplanung abgeleitet unter Einbindung des Einkaufs insbesondere im Hinblick auf Preiserwartungen. Aufbauend auf den Kapazitätsanforderungen aus der Absatzplanung und der bestehenden Belegschaft werden die Personalkosten geplant. Veränderungen in der Belegschaft werden prognostiziert und fließen in die Planung ein, ebenso wie geplante Einsparungen und arbeitsrechtliche Gestaltungen zur Reduzierung der Personalkosten, wie z.B. durch  Haustarifvertrag. Der häufig vernachlässigte sonstige betriebliche Aufwand wird detailliert nach Kostenarten geplant unter Berücksichtigung der Absatz- und Investitionsplanung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für den sonstigen betrieblichen Aufwand. Der Aufwand für Abschreibungen wird auf Basis des bestehenden Anlagevermögens und der geplanten Investitionen ermittelt. Der Zinsaufwand findet auf Basis der bestehenden Darlehen und der Inanspruchnahme der KK-Linien Eingang in die Planung.

4. Schritt: Entwicklung der Plan-GuV, Plan-Bilanz und Cash-Flow-Planung
Die im zweiten und dritten Schritt ermittelten Umsätze und Kosten werden der Ertrags-, Vermögens- und Liquiditätsplanung  zugrunde gelegt. Bei der Fortschreibung der Forderungen LuL werden die durchschnittlichen Zahlungsziele der Kunden ermittelt und eine  durchschnittliche Debitorenlaufzeit berücksichtigt. Bei den Verbindlichkeiten wird ebenso die durchschnittliche Kreditorenlaufzeit ermittelt und der Planung unterstellt. Die Darlehen werden einzeln nach Zinsaufwand und Tilgung abgebildet.

5. Schritt: Die Chancen und Risiken der Unternehmensplanung sind abschließend zu bewerten.

4.2 Sanierungsplanung mit Maßnahmen


Die von der Planung betroffenen Unternehmensbereiche ( Vertrieb, Produktion, Einkauf, Controlling, Personal, Steuern etc. ) werden dargestellt mit den jeweiligen Planungsprämissen und Planungsalternativen und ihre Auswirkungen auf die GuV, Bilanz und Cash-Flow werden gezeigt.
Zeigt die Planung einen Finanzbedarf zur Umsetzung der Sanierung, der in der aktuellen Situation des Unternehmens nicht gedeckt ist, sind die Möglichkeiten der Finanzierung auszuloten und gegenüberzustellen.
In diesem Zusammenhang ist auch der Sanierung unter Insolvenzschutz als Handlungsoption Rechnung zu tragen.
Die Chancen
-Befreiung von finanziellen Belastungen
-Generierung finanzieller Mittel ohne Bankkredite
-Verbesserung der Bilanzkennzahlen
-Veränderung der Unternehmensstrukturen
-Möglichkeit zur Disziplinierung der Gläubiger

sind abzuwägen gegen mögliche Risiken
-Makel der Insolvenz: uU schwer kalkulierbares Verhalten von Kunden und Lieferanten, sofern nicht vorbereitet und professionell komuniziert
-zeitweiliger Verlust der Verfügungsgewalt des Managements, sofern keine Eigenverwaltung

4.3 Liquidationsrechnung


Die Liquidationsrechnung zeigt die Konsequenzen einer Abwicklung der Unternehmung für die Stakeholder außerhalb bzw. bei bestehender Insolvenzantragsplicht in einem Insolvenzverfahren auf als Alternative zur Fortführung des sanierten Unternehmens.  Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Zerschlagung als Alternative zur Sanierung wären insoweit zu berücksichtigen:
-Entlastung der Liquidität durch Insolvenzgeld für max. 3 Monate
-Abkürzung der Kündigungsfrist der Mitarbeiter auf max. 3 Monate
-Verwertung Anlage- und Umlaufvermögen mit Abschlägen
-Berücksichtigung von durch Eigentumsvorbehalt und Sicherungseigentum gesicherte Ware
-Abwertung von Forderungen., soweit sie nicht ohnehin der Masse wegen bestehender Drittrechte entzogen sind.
Von der so ermittelten freien Masse sind sodann die Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten, sowie Verluste aus der Auslaufproduktion abzuziehen. Sofern dann noch etwas verbleibt, ist bei Bestehen eines Betriebsrates ein Sozialplan aufzustellen. Und sollte dann noch etwas übrig bleiben, dient der Restbetrag der Befriedigung der ungesicherten Gläubiger.
Die Liquidationsrechnung zeigt nach einzelnen Gläubigergruppen, wer in welcher Höhe eine Befriedigung erfährt:
Gesicherte Banken
Gesicherte Lieferanten
PSV
Ungesicherte Gläubiger ( Arbeitnehmer, Agentur für Arbeit, ungesicherte Lieferanten, sonstige ).

Die Liquidationsrechnung zeigt die mitunter erheblichen Einbußen aller betroffenen Stakeholder als Alternative zur Sanierung auf.

4.4 Insolvenzplan


Das nach der InsO als Alternative zur Liquidation bestehende Insolvenzplanszenario wird schließlich aufgezeigt. Die wesentlichen Schritte

  • Antragstellung
  • Vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung
  • Bezugszeitraum Insolvenzgeld
  • Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • Dauer des Verfahrens in Eigenverwaltung
  • Planbestätigung
  • Aufhebung der Insolvenz

werden in einem Zeitplan abgebildet.


Die Gläubigergruppen werden wie bei der Liquidationsrechnung mit angedachten Befriedigungsquoten dargestellt.  Dabei stellen sich die ungesicherten Gläubiger und der PSV häufig besser als bei einer Liquidation, da das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eine ganze Reihe von Vorteilen bietet, die zu einer Erhöhung der Verteilungsmasse und damit zu einer höheren Quote führen können.

  • Unechter Massekredit durch Banken und Lieferanten, die das Unternehmen über Forderungen und Bestände verfügen lassen;
  • Schnellere Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen, soweit im Insolvenzverfahren privilegiert, wie z.B. Abkürzung von Kündigungsfristen, Beendigung unrentabler Beträge;
  • Liquiditätsschub durch Insolvenzgeld
  • Fortführung der Kundenbeziehung und damit deutlich geringere Forderungsabschreibung