Anfechtung von Arbeitsverträgen

 

Worin liegt der Unterschied zwischen der Anfechtung und der Kündigung des Arbeitsvertrages?

Während die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt, nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich ist, kann der Arbeitgeber im Falle eines Anfechtungsgrundes das Arbeitsverhältnis durch einseitige Anfechtungserklärung beenden. Im Falle der Anfechtung ist weder der Betriebsrat anzuhören, noch findet der besondere Kündigungsschutz bei einer bestehenden Schwerbehinderung, des Mutterschutzes oder der Elternzeit Anwendung.

 

Welche inhaltlichen und formellen Anforderungen sind an die Anfechtung des Arbeitsvertrages zu stellen?

In der Praxis bedeutsam ist der Anfechtungstatbestand des § 123 BGB, der die Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen Drohung oder Täuschung sowohl für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber ermöglicht.

Bsp.: Der Arbeitnehmer kann den ( befristeten ) Arbeitsvertrag wegen Drohung des Arbeitgebers anfechten, sofern die Drohung widerrechtlich war. In der Ankündigung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf enden zu lassen, wenn der Arbeitnehmer nicht zu einer - objektiv unwirksam - befristeten Fortsetzung zu den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Bedingungen bereit ist, liegt keine rechtswidrige Drohung i.S. von 123 I BGB. Ein solches Angebot des Arbeitgebers ist kein Übel, sondern bietet dem Arbeitnehmer die Mög- lichkeit, seiner Erwerbstätigkeit welter nachgehen zu können, ohne dass er dies vom Arbeitgeber verlangen könne. (BAG 13.12.2007 - 6 AZR 200/07; NZA-RR 2008, 341).

 

Gibt es ein Recht zur Lüge?

Die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber nach 123 I BGB dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, sofern die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war (BAG 7.7.201 1 -2 AZR 306/10; NZA 2012, 34). Entscheidend kommt es also auf die Zulässigkeit der Frage an. Ist eine Frage unzulässig, darf der Arbeitnehmer demgemäß auch vorsätzlich unwahre Angaben machen, ohne dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten könnte. Die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung bzw. einem diesbezüglich gestellten Antrag ist im bestehenden Arbeitsverhältnis jedenfalls nach sechs Monaten gegebenenfalls zulässig (BAG 16.2.2012 - 6 AZR 553/10; NZA 2012, 555).