Kündigung - Änderungskündigung

 

Ist eine Änderungskündigung zur Reduzierung des Arbeitsentgelts zulässig?

1. Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne des § 2 S. I, 1 II S. 1 KSchG kommt in Betracht, wenn die Parteien Nebenleistungen vereinbarthaben, deren Gewährung an Umstände anknüpft, die nicht notwendig während der gesamtenDauer des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Tritt eine wesentliche Änderung der maßgebendenVerhältnisse ein, die für die Vereinbarung einer Nebenleistung bestimmend warenund die außerhalb kündigungsschutzrechtlicher Regelungen als möglicher Wegfall oder alsmögliche Störung der Geschäftsgrundlage geprüft werden, kann dies je nach den Um-ständen eine Änderung der Nebenabrede sozial rechtfertigen.

Will der Arbeitgeber die demArbeitnehmer zugesagte Vergütung insgesamt und grundlegend umgestalten, ist der Eingriffin das vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung allenfalls gerechtfertigt, wennbei Aufrechterhaltung der bestehenden Gehaltsstruktur nicht mehr auffangbare Verlusteentständen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließungdes Betriebes führen müssten.

(BAG, 20.06.2013, 2 AZR 396/12, GWR 2014, 23)

2. Soll bei einer Änderungskündigung durch das Änderungsangebot neben der Tätigkeit (Arbeitsleis-tungspflicht) auch die Gegenleistung (Vergütung) geändert werden, sind beide Elemente des Änderungsangebots am Verhättnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.

3. Ergibt sich die Höhe der Vergütung für die geänderte Tätigkeit nicht automatisch etwa aus einemTarifvertrag oder einer vom Arbeitgeber aufgestellten Vergütungsordnung, sondern hat der Arbeitge-ber die GehäIter aller vergleichbaren Arbeitnehmer frei ausgehandelt, so ist nach den Grundsätzender abgestuften Darlegungs- und Beweistast zu prüfen, ob die dem Arbeitnehmer konkret angeboteneVergütung dessen Änderungsschutz hinreichend berücksichtigt.

4. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem betroffenen Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündi-gung die höchste für vergleichbare Tätigkeiten gezahlte Vergütung anzubieten. Er hat vielmehr ledig-lich den Arbeitnehmer, dem gegenüber er eine Änderungskündigung ausspricht, unter Berücksichti-gung seines Änderungsschutzes in das frei ausgehandelte Vergütungsgefüge einzuordnen.

(BAG, Urteil vom 3.4.2008 - 2 AZR 500/06; NZA 2008, 812)

5. Eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung derbisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entständen, dieabsehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen,und ein Sanierungsplan alle milderen Mittel ausschöpft und die von den Arbeitnehmern zu tragendenLasten gleichmäßig verteilt

6. Liegen diese Voraussetzungen vor und hat sich die große Mehrheit der Arbeitnehmer (bier ca. 97%)mit der Reduzierung der Vergütung freiwillig einverstanden erklärt, so kann ein Arbeitnehmer, demge-genüber die Reduzierung durch Änderungskündigung erfolgt, sich nicht darauf berufen, die Ände-rungskündigung sei ihm gegenüber nicht mehr erforderlich, weil der Sanierungserfolg schon durch diefreiwilligen Gehaltsreduzierungen erreicht sei.(BAG, Urfeil vom 26.6.2008 - 2 AZR 139/07; NZA 2008, 1182)

7. An eine Änderungskündigung gem. § 55 Abs. 2 S. 2 BAT-KF sind jedenfalls keine geringerenAnforderungen zu Steffen, als die §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG verlangen. Diese beinhalten nämlich zwin-gendes, auch von den Tarifvertragsparteien nicht abdingbares Recht.

8. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn dringende be-triebliche Erfordemisse das Änderungsangebot bedingen und der Arbeitgeber sich bei einem an sichanerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungenvorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.

(LAG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2007 - 17 Sa 1274/07)