Freiwilligkeits-, Widerrufs- und Änderungsvorbehalt

 

Sind einseitige Änderungsvorbehalte zugunsten des Arbeitgebers wirksam?

Insoweit kommt es auf den Einzelfall an. Wenn der Arbeitgeber auf ein außerhalb der Vertragsurkunde liegendes von ihm selbst erstelltes Regelwerk "in der jeweiligen Fassung" verweist, ist eine solche Regelung unwirksam, weil zu weitgehend (BAG, NZA 2009, 428). Im Bereich des Betriebsrentengesetzes setzt die Wirksamkeit einer sog. dynamischen Verweisung auf eine Versorgungsordnung voraus, dass die Grenzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes gewahrt bleiben (BAG NZA 2013, 210).

 

Freiwilligkeitsvorbehalt und konkretes Leistungsversprechen schließen sich aus

1. Der Arbeitgeber kann zwar mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen die Entstehung eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige Bezugszeiträume verhindern. Für die Wirksamkeit eines solchen Freiwilligkeitsvorbehalts kommt es auch nicht auf den vom Arbeitgeber mit der Sonderzahlung verfolgten Zweck an. (BAG, Urteil vom 30.7.2008 - 10 AZR 606/07; NZA 2008, 1173)

2. Der Arbeitgeber muss auch nicht jede Sonderzahlung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden, wenn er einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige Bezugszeiträume aus-schließen will. Es genügt ein klarer und verständlicher Hinweis im Formulararbeitsvertrag. Ein solcher Hinweis ist allerdings nicht ausreichend, wenn der Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von der Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst (BAG 13.11.2013, 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368). Zweifelhaft ist damit, ob die nach der älteren Rechtsprechung des BAG zulässige Verfahrensweise noch gültig ist, wonach in einem Formulararbeitsvertrag die Gewährung sonstiger Leistungen wie die Zahlungvon Weihnachtsgeld unter einen Freiwilligkietsvorbehalt mit der Maßgabe gestellt werden konnte, dass auch bei einer wiederholten Zahlungkein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird. BAG, Urteil vom 21.1.2009 - 10 AZR 219/08; NZA 2009, 310)

3. Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Formulararbeitsvertrag aber eine bestimmte Sonderzahlung ausdrücklich zu und ist auch die Höhe der versprochenen Sonderzahlung präzise bestimmt, fehlt es an der Transparenz, wenn eine andere Vertragsklausel im Widerspruch dazu bestimmt, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung hat. Die Regelung ist nur insoweit unwirksam, als ein Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung ausgeschlossen wird. Widersprüchlich ist auch die Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt.

(BAG, Urteil vom 30.7.2008 - 10 AZR 606/07; NZA 2008, 1173 und vom 10.12.2008 - 10 AZR 1/08; BeckRS 2009 53326)

erhält.

6.Mangels eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Zahlung von Weihnachtsgeld bedarf es in

 

Änderungsvorbehalt durch Bezugnahme auf änderbare Arbeitsordnung: zulässig?

1. Wird in einem Arbeitsvertrag auf eine bestimmte Fassung eines einseitig vom Arbeitgeber vorgege-benen Regelungswerks (Arbeits- und Sozialordnung) Bezug genommen und gleichzeitig die ,,jeweilsgültige Fassung" der Arbeits- und Sozialordnung zum Bestandteil des Arbeitsvertrags erklärt, wobeiauch die letztere nur ,,bis zur Vereinbarung einer jeweils neuen Fassung" gelten solll, so liegt hierin eineinseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers. Dieses benachteiligt den Arbeitnehmer unan-gemessen, wenn bis auf Dauer der Arbeitszeit und Arbeitsgrundvergütung nahezu sämtliche Arbeits-bedingungen einseitig abänderbar sind und keinerlei Gründe für eine Verschlechterung genannt odererkennbar sind. Im Streitfall bezog sich die Abänderbarkeit sowohl auf Schicht-, Feiertags-, Nachtzu-schläge, Urlaubsdauer und -entgelt als auch auf nicht unmittelbar Vergütungsrelevante Regelungen.

2. Es spricht vie! dafür, dass eine ergänzende Vertragsauslegung ausscheidet, wenn der Arbeitgebernicht den Versuch gemacht hat, die unwirksame Vertragsklausel mit den Mitteln des Vertragsrechtsinnerhalb der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist bis zum 1. 1. 2003 wirksam zu gestal-ten.

3. Auch bei so genannten Altverträgen scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung in Fällen aus, indenen dem Arbeitgeber eine umfassende einseitige Änderungsbefugnis eingeräumt wird. Eine solcheKlausel ist auch dann nicht klar, verständlich, widerspruchsfrei, transparent und angemessen, wennunterstellt wird, die Vertragsparteien hätten ein generelles Änderungsrecht des Arbeitgebers bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verh5Itnisse vereinbart. Auch dann weß der Arbeitnehmernicht, was auf ihn zukommt, da weder Umfang noch Reichweite der Änderungen vorhersehbar sind.Auf ein Gesamtvolumen der Änderungen von 25 - 30% kommt es dann nicht an.

(BAG, Urteil vom 11.2.2009 - 10 AZR 222/08; NZA 2009, 428)

 

Wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt durch Anbringung im Einzelfall

1. Bei einem klar und verständlich formulierten Vorbehalt, der einen Anspruch auf eine jährlich gezahl-te Sonderleistung für die Zukunft ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung i.S. von § 308Nr. 4 BGB.

2. Elne betriebliche Übung kann dann nicht entstehen.

3. Solche Freiwilligkeitsvorbehalte weichen nicht von allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen abund ha|ten unabhängig von Höhe und Zweck der Leistung einer Angemessenheitskontrolle i.S. von307 II Nr. 1 BGB stand.

(BAG, Urteil vom 18.3.2009 - 10 AZR 289/08; NZA 2009, 535)