Arbeitnehmereigenschaft

 

Haben die Parteien eines Vertrages die Wahl, diesen als Arbeitsverhältnis oder freies Mitarbeiterverhältnis auszugestalten?

Nach § 84 I S. 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 I S. 2 HGB sind alle Umstände des Falles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis, als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG 09.06.2010, 5 AZR 332/09).

 

Wird durch eine ehrenamtliche Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis begründet?

Durch die Ausübung unentgeltlicher ehrenamtlicher Tätigkeit wird kein Arbeitsverhältnis begründet. Mit dem Arbeitsverhältnis ist typischerweise die Vereinbarung oder jedenfalls die berechtigte Erwartung einer angemessenen Gegenleistung für die versprochenen Dienste verbunden, wie aus §§ 611, 612 BGB hervorgeht. Ob eine berechtigte Vergütungserwartung besteht, richtet sich nach der Art der Arbeit und nach den Umständen, unter denen sie geleistet wird. Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Dienste können auch im Rahmen eines Auftrages verrichtet werden, welche sich von dem Arbeitsverhältnis abgrenzt und durch die Unentgeltlichkeit und die jederzeit für beide Seiten bestehende Möglichkeit grundloser Beendigung (§ 671 BGB) unterscheidet (BAG 29.08.2012, 10 AZR 499/11).

 

Wie grenzt sich der Arbeitsvertrag von dem Werk- und Dienstvertrag bzw. dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ab?

Für die rechtliche Abgrenzung des Werk- oder Dienstvertrages zur Arbeitnehmerüberlassung ist allein die tatsächliche Durchführung des Vertrages maßgebend. Ein zwischen einem Werkunternehmen und dem Dritten vereinbartes Ticketsystem (EDV-spezifische Aufträge von Arbeitnehmer des Dritten werden nach Eröffnung eines Tickets vom Dritten bearbeitet) ist unproblematisch dem Werkvertragsrecht zuzuordnen. Wenn allerdings Arbeitnehmer des Dritten außerhalb dieses Ticketsystems in größerem Umfang Beschäftigte des Werkunternehmens direkt beauftragen und unter zeitlich örtlichen Vorgaben auch personenbezogene Anweisungen erteilen, spricht dies für Arbeitnehmerüberlassung. Wenn es sich bei diesen Direktbeauftragungen nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt, ist von einem Scheinwerkvertrag auszugehen. Will ein in einem Drittbetrieb eingesetzter Arbeitnehmer geltend machen, zwischen ihm und dem Inhaber des Drittbetriebes gelte gem. § 10 I S. 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG als zustande gekommen, und ist streitig, ob sein Einsatz in dem Drittbetrieb aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages oder eines Werkvertrages erfolgt ist, so muss er alle Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung ergibt. Dabei kann sich der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- und Beweislast zunächst auf die Darlegung solcher Umstände beschränken, die seiner Wahrnehmung zugänglich sind und auf Arbeitnehmerüberlassung hindeuten (LAG Baden-Württemberg, 01.08.2013, 2 Sa 6/13).